Die Orthoptik ist ein Spezialbereich der Augenheilkunde, welche sich mit der Prävention (Vorbeugung), Diagnostik (Erkennung) sowie der Therapie (Behandlung) von Störungen des beidäugigen Sehens, wie z. B. funktionelle Sehschwächen, Schielerkrankungen, Augenzittern, Augenbewegungsstörungen beschäftigt. Orthoptisten/-innen arbeiten meist in einer Augenarztpraxis, in Augenkliniken oder Reha-Kliniken mit Schwerpunkt Augenheilkunde.
Mit einem kindgerechten Objekt wird getestet, ob die Augen in alle Richtungen beweglich sind. Dafür wird ein Fixationsobjekt vor dem Auge des Kindes in verschiedene Richtungen bewegt. Der kleine Patient wird dazu aufgefordert, mit den Augen das Objekt zu verfolgen. Ein weiterer Schritt, um das Schielen in der Sehschule zu diagnostizieren, ist die Prüfung einer möglichen Fehlstellung der Augen (Schielen). Dazu schaut das Kind auf ein Objekt, während die Orthoptistin im Wechsel beide Augen des Kindes abdeckt. Die Orthoptistin achtet darauf, ob sich eines oder beide Augen bewegen, um das Objekt anschauen zu können. Bei einem Innenschielen zum Beispiel würde sich das Auge von der Innenstellung aus in die Mitte bewegen, wenn das andere Auge abgedeckt ist. Beim Prismenabdecktest wird der Schielwinkel ausgemessen. Dazu werden verschiedene Prismenstärken vor das Auge gehalten. Dies wird solange wiederholt, bis keine Augenbewegung mehr folgt. Daraufhin notiert sich die Orthoptistin die Abweichung des schielenden Auges.
Anschließend folgt bei den Untersuchungen in der Sehschule durch die Orthoptistin eine Fixationsprüfung. Ziel dieser Methode ist es, zu ermitteln, mit welcher Stelle der Netzhaut fixiert wird. Dazu wird mit einem Augenspiegel (Ophthalmoskop) ein Stern auf die Netzhaut projiziert, der angeschaut werden soll. Normalerweise wird der Stern mit der Netzhautmitte fixiert. Beim Schielen kann der Fixationspunkt von der Mitte abweichen. Für die Orthoptistin ist die Fixationsprüfung ein wichtiger Faktor für die Schiel- und Amblyopietherapie - daher wird diese Prüfung während eines Behandlungsplans wiederholt in der Sehschule durchgeführt. Bei der Skiaskopie wird überprüft, ob eine Brille notwendig ist, um einen möglichen Sehfehler zu behandeln. Mit speziellen Augentropfen werden zunächst die Pupillen erweitert. Mit dem Skiaskop werden dann Lichtreflexe auf die Netzhaut projiziert. Es werden solange Gläser vor das Auge gehalten, bis keine Lichtbewegung mehr zu erkennen ist. Die Untersuchung wird in vertikaler, horizontaler und diagonaler Richtung durchgeführt – daraus lässt sich dann die Stärke des Sehfehlers berechnen. Die Stärke des Sehfehlers ist die zentrale Information zur Erstellung der Brille für das Kind.
Im letzten Schritt wird der Stereotest für die Beurteilung des beidäugigen räumlichen Sehens durchgeführt. Die Orthoptistin hält dazu beispielsweise eine Polarisationsbrille vor die Augen des Kindes. Dann wird das Kind aufgefordert, die dargestellten Testfiguren zu berühren. Ist die Zusammenarbeit der Augen gestört, hat dies in der Regel Auswirkungen auf das räumliche Sehen. Die Einschätzung, wo sich etwas im Raum befindet, ist dann nicht mehr korrekt möglich. Gegebenenfalls werden weiterführende Untersuchungen durchgeführt bzw. für einen späteren Zeitraum geplant.
Abgerundet wird die Untersuchung in der Orthoptik durch ein Gespräch mit den Eltern. Die Orthoptistin erfragt, ob Eltern beobachten konnten, dass ihr Kind häufig ungeschickt ist oder fällt oder ob sie häufiges Zukneifen der Augen beobachten können. Außerdem wird in der Orthoptik abgefragt, ob die Eltern erkennen können, auf welchem Auge und seit wann das Schielen aufgetreten ist. Bevor mit der Augenpflastertherapie begonnen werden kann, wird eine Eingewöhnungsphase mit der Brille gewährt. Im Anschluss daran untersucht der Augenarzt erneut, ob die Brille richtig eingestellt ist, denn die Optimierung der Sehhilfe gehört zur orthoptischen Therapie dazu. Auch die Orthoptistinnen führen einige ihrer Untersuchungen bei den nachfolgenden Kontrollterminen noch einmal durch.
Daraufhin beginnt die Augenpflastertherapie mit der Auswahl der Augenpflaster. Dabei ist neben der Größe auch wichtig, dass dem kleinen Patienten die Motive gefallen – die Kinder können auswählen, welches ihnen am besten gefällt. Den Eltern wird ein individueller Therapieplan mitgegeben, der auf die Sehschwäche des Kindes angepasst ist. Für die erfolgreiche Behandlung von Schielerkrankungen der Augen ist die genaue Einhaltung der Therapie von besonderer Relevanz. Bei regelmäßigen Kontrollterminen wird untersucht, ob eine Besserung eingetreten ist und wie der kleine Patient zurechtkommt. Dabei wird abgefragt, ob bereits eine sichtbare Verbesserung auf dem erkrankten Auge eingetreten ist. Außerdem berichten die Eltern, ob das Pflaster vertragen wurde und ob es im Alltag Probleme gab. Ziel der orthoptischen Behandlung ist es, die Zusammenarbeit beider Augen zu verbessern und die Sehschwäche sowie durch das Schielen hervorgerufene Doppelbilder zu beheben. Die Kontrolltermine geben dem Augenarzt und der Orthoptistin Aufschluss darüber, ob die Schielbehandlung erfolgreich verläuft.